Dienstag, 16. September 2014

Tag 259 - Das Gruseldinner

Man stelle sich vor: 
Ein regnerischer Abend, der Himmel ist rabenschwarz und am Horizont zucken die Blitze. In das Donnergrollen mischt sich das Geheul von Wölfen. Auf einem Felsvorsprung steht majestätisch ein grosses Schloss. Zwei verlorene Wanderer - nass bis auf die Knochen - irren durch die Nacht, sehen die erleuchteten Fenster und steuern direkt auf ihr Verderben zu. 
Der tapfere Mann hämmert mit dem Türklopfer, der aus einem schreienden Gesicht geschmiedet ist, gegen die hohe Eisentür und der Wiederhall erschüttert die Frierenden bis ins Mark. Die Tür wird einen Spalt breit geöffnet und eine zwielichte Gestalt streckt ihren Kopf heraus. Die zwei Fremden werden hereingebeten, doch Furcht kriecht ihnen den Rücken hinunter, als sie von dem Diener in den grossen Speisesaal geführt werden. Ein langer Tisch ist gedeckt, die einzige Lichtquelle sind die Kerzen, die in silbernen Kerzenständern überall im Raum aufgestellt sind. Das flackernde Licht wirft Schatten an die Wände. Am Kopfende des Tisches sitzt ein grauhaariger, natürlich schneeweisser Herr in Anzug. Ihm gegenüber sitzt ein weibliches Pendant mit schwarzen, langen Haaren und roten Lippen. Die zwei Wanderer setzen sich an den Tisch, sich gegenüber. 
Und da wird das Essen von fischgesichtigen Kellnern aufgetischt: 

Vor ihnen auf dem Teller liegt ein Eierschwämmchen-Lauch-Töpfchen. Um den Gastgebern keinen Anlass zur Wut zu geben, essen sie die Teller leer und auch der zweite Gang - den Kabissalat mit Portweintrauben und geräucherter Entenbrust- essen sie tapfer. Doch das Grauen scheint kein Ende nehmen zu wollen: der gefüllte Fenchel an Dillrahmsauce gibt ihnen den Rest. Sie flüchten, so schnell sie können.

Naja. Das war jetzt vielleicht etwas zu dramatisch. Das Eierschwämmchen-Lauch-Töpchen war gar nicht so schlecht! Und wir sind keine Vampire. Und unsere Wohnung kein Schloss. Und geregnet hat es auch nicht.
Aber unsere zwei Gäste verliessen bestimmt genauso fluchtartig unsere Küche. Auch wenn der Hauptgang (er passte nicht mehr in die Geschichte) Fleischkäse nach Wiener Art wirklich geniessbar war, stolz auf das Dinner konnten wir nicht sein. 





Was die zwei einsamen Wanderer jedoch nicht wussten - wären sie einige Tage später irrend zum Gruselschloss gelangt, hätten sie kulinarische Höhenflüge erleben können. Der Schweinsbraten mit Salbei und Knoblauch (njam) ein Tag später, oder der Tomaten-Rucola-Salat mit geröstetem Brot (njam-njam) oder (das absolute Highlight) den Zwetschgen-Schokoladen-Cappuccino - alle diese Rezepte hätten ihnen serviert werden können. Doch natürlich ausgerechnet an diesem regnerischen Tag … Pech gehabt.





Und die Moral von der Geschichte - auch Vampire können gute Köche sein!

106 to go. 
A.


Ps: Je nachdem wären sie auch gerade dann gekommen, als die zwei Vampire ihre Finger mit Salzzitronenmarinade unter die Haut eines Mistkratzerli steckten… (Salzzitronen finden sich übrigens in Türkischen Supermärkten - zum Glück wohnen wir in einer Stadt, in der es so was hat - und sie schmecken nach Zitronenseife)





Donnerstag, 11. September 2014

Tag 252 - Keep on cooking

" And I thought to myself: Oh son, 
you may be lost in more ways than one,
but I've a feeling that it's more fun,
than knowing exactly where you are. "

Passenger - Keep On Walking

Manchmal wissen wir es selbst nicht mehr.
Wo wir eigentlich mit allen Rezepten stehen.
Wofür wir jetzt wieder Zutaten gekauft haben.
Worüber wir schon geschrieben haben.
Worüber wir noch berichten müssen
(obwohl wir vielleicht lieber darüber schweigen würden).
Ob wir uns im Zeitplan befinden.
Ob wir es uns leisten können,
Sushi zu essen,
statt Annemarie zu kochen.

Ist heute Tag 252? 
Ich habe gezählt, aber ehrlich gesagt,
bin ich mir nicht sicher.

"Well, I said I'll keep on walking"

Ich werde ganz einfach vorne anfangen.
Die letzten Wochen waren voll.
Voll von Programmen, Arbeiten,
tollen Familientreffen, Geburtstagen,
wundervollen Schülern, Tagen in den Bergen,
vor dem Computer, Tagen mit rarem Sonnenschein, 
voll mit einigen kulinarischen Höhenflügen,
und kurzen Küchenabstürzen.

Wir schlugen uns durch ein unmögliches Rezept, in dem Peperoni so gekocht werden müssen,
dass man sie anschliessend zu "Rosetten" rollen und gekonnt anrichten kann.
(Könnt ihr es euch vorstellen?)

(28. August)

Wir kochten einen toskanischen Bohnentopf, der so viel Eindruck hinterlassen hat,
dass es mir schwerfällt, nach 2 Wochen noch einen Kommentar dazu zu verfassen.
(Soviel weiss ich noch: Er war sehr heiss.)

(30. August)

Wir versuchten uns an Fleischvögel, die dank Brät ohne Zahnstocher problemlos zusammenhalten sollten. Nun, den Erfolg diesbezüglich könnt ihr euch vielleicht ausmalen, kombiniert mit den Fluchen, 
die für Annemarie ausgestossen wurden.
(Geschmeckt hat es trotzdem wirklich gut.)

(31. August)

Wir genossen frische, knackige Maisomelettchen mit Schinken,
die alles hielten, was sie versprachen.
(Und das will heutzutage schon einiges heissen.)

(2. September)

Wir versuchten mit einem Peperoni-Moussaka, unsere Griechenland-Ferien
wieder aufleben zu lassen.
(Die Speise hat zwar gut geschmeckt, hatte aber, nach unseren Erfahrungen, mit einem Griechischen Moussaka eigentlich nichts zu tun.)

(3. September)

Wir bereiteten herrliche Kürbis-Tomaten-Bruschetta zu, die ich sofort für Gäste als Vorspeise zubereiten würde.
(Ich sage nur: Kürbiskerne auf getoastetem Brot!)

(4. September)

Wir frönten der währschaften Küche mit einem Kartoffelstockgratin mit Zwiebeln und Tomaten.
(Und ich entdeckte, dass Zwiebeln irgendwie nach Wein schmecken können.)

(5. September)

Wir versenkten Himbeeren in einem wundervoll süssen Schokoladengebäck.
(Und mit unserem Projekt machen auch Annemaries Dessertkünste Fortschritte.)

(6. September)

Wir zauberten einen Feigensalat mit Tête de Moine der einfach absolut edel schmeckt.
(Fast 'ätte isch meinen fronsösischen Accent wieder ausschepackt.)
(9. September)

Wir kochten Pouletstreifen mit Frühligszwiebeln und Tomaten, ein so unkompliziertes und feines Rezept, dass A. es sich sogar zu Reis vorstellen könnte.
(Und A. mag keinen Reis.)
(10. September)

Und wir brieten Auberginen und versahen sie mit einer Zwiebelmarinade.
(Nur um herauszufinden, dass kein Rezept die perfekte Variante von A.'s Mutter (mit Balsamico und eingelegten Tomaten) übertreffen kann.)

(11. September)

" We keep on walking."

Because we love it.

114 to go.
N.