"Wird euch das Ganze nicht zu viel?"
Nein, lautet dann meist meine Antwort, und es ist eine ehrliche. Kochen macht Freude, und Kochen würden wir ja sowieso - mit unserem Projekt erübrigt sich die Frage, was es denn heute geben soll, das Einkaufen wird gezielt und speditiv und für Abwechslung ist gesorgt. Und gerade die Tatsache, dass ein Dessert hier oder eine Vorspeise dort es uns ermöglichen, auch mal zwei Rezepte an einem Tag zu kochen, macht unser Projekt auch organisatorisch zu keiner Unmöglichkeit.
So entdecken wir zum Beispiel Nasi Goreng (das alle Tip-Topf-Kochschul-Kinder mit Schinken, Poulet, Nüssen und Curry kennen dürften) in einer Variation mit Rindsfleisch, Sojasauce, frischem Ingwer, Frühlingszwiebeln und Lattich - einfach herrlich! Oder wir geniessen gefüllte Kopfsalatblätter mit Hüttenkäse, einen frischen Salat, der mit Ei, Frühlingszwiebeln, Radieschen, Kürbiskernen, Hüttenkäse (und trotz Gurken) zu überzeugen vermag.
Ich kann also ehrlich sagen: Unser Projekt macht Spass!
Meistens.
Sagen wir, wenn nicht gerade Geflügelleberspiesschen mit Salbei und Champignons auf dem Plan stehen. So wie heute.
Dann zieht sich nämlich schon der so speditive Einkauf in die Länge. Bis wir Hühnerleber finden, die wir nicht tiefgefroren und zu 300gr kaufen müssen, vergehen 4 Geschäfte und fast 2 Stunden. (Wir haben beschlossen, die Menge der Hühnerleber auf ein Minimum von 50 Gramm zu reduzieren und alle, die jetzt fragen: "Aber warum denn nur?" haben offenbar keine so richtig heftige Abneigung gegen den Gedanken, Innereien essen zu müssen (so wie wir)).
Dazu kommt noch, dass, wenn man Hühnerleber kocht, offenbar alle Metzger sehr interessiert an den kulinarischen Plänen sind.
Hühnerleber? - Ja, ich weiss, wir sehen nicht nach Innereien-Essern aus.
Was machen Sie denn? - Spiesschen mit Salbei.
Ist das gut? - Keine Ahnung.
Müssten Sie da nicht eher Herzen nehmen? - Oh Gott, nein!
Wir haben Kalbsleber, das schmeckt fast gleich? - Nein, da geht es uns ums Prinzip.
Sie werden den Unterschied nicht merken. - Es geht trotzdem ums Prinzip.
Wollen sie wirklich nur 50 Gramm? - Ja, danke, das reicht.
Uh, das wäre nichts für mich. - Ach tatsächlich? Wir können es kaum erwarten.
Dann lieber ein gutes Stück Fleisch! - ACH WAS SIE NICHT SAGEN!!
(Die Armen können ja nichts dafür - sie denken, wir kaufen und kochen das freiwillig.)
Etwas angeekelt, aber auch sehr neugierig, spiessen wir die Lebern mit Salbei, Speck und den Pilzen auf und braten sie. Da ist überall noch Blut und was mich beim Fleisch kein bisschen stört, stösst mich bei der Leber irgendwie ab. Die reinigt doch das Blut? Was unser Huhn wohl alles so getrieben hat? Hat es getrunken? Geraucht? Wie wild Antibiotika-Körner gepickt?
Ich versuche es trotzdem. Mutig schnappe ich mir ein Leberstück und beisse hinein. Die Konsistenz. Der Geschmack. Der Nachgeschmack. Die Konsistenz. Trotzig gable ich ein zweites Stück auf (denke: das kann Annemarie doch wohl nicht ernst meinen) und schiebe es in meinen Mund. Ich weiss nicht, ob ich es schon erwähnt habe: Die Konsistenz. Der Geschmack. Der Nachgeschmack. Die KONSISTENZ. Und zum ersten Mal in unserem ganzen Projekt schiebt A. die zwei Stückchen Leber, die da noch auf dem Teller liegen, demonstrativ von uns weg und meint in ganz beschützendem Tonfall: "Nein, das essen wir nicht fertig."
An Tagen wie heute braucht unser Projekt etwas mehr Energie. Etwas mehr Durchhaltevermögen. Etwas mehr Motivation. Aber es sorgt auch dafür, dass wir immer eine gute Geschichte auf Lager haben. Und wissen, dass wir definitiv keine Hühnerleber mögen.
276 to go.
N.
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