"Sie, wieso muss ich eigentlich etwas lernen, dass Sie nicht können?"
Äh, Moment, so habe ich das nicht gemeint, als ich sagte, den Namen dieser Blume wisse ich jetzt auch nicht auswendig, da müsse ich auch im Bestimmungsbüchlein nachschauen - aber trotzdem: natürlich sollen meine Schüler etwas lernen, dass ich nicht kann. Schliesslich lernt man ja bekanntlich ein Leben lang, besonders, wenn man sich ein Projekt wie das unsere vorgenommen hat. So auch in den letzten zwei Tagen. Es standen ganze 4 Gerichte auf dem Plan, von denen ich an jedem einzelnen etwas auszusetzen hatte.
Gehen wir es an:
23. Mai:
Rotzungenröllchen mit Gurken an Senfsauce
(Wüäh Fisch. Und - wie ihr alle wisst - wüüüüüüüüüüüääääääääääääähhhhhhhhhh Gurken.)
25. Mai:
Kirschencreme
(Es wäre übertrieben zu sagen, ich möge keine Kirschen, Kirschen sind okay, ich kann einfach die grossflächige Begeisterung der Allgemeinheit nicht nachvollziehen. Ausserdem: ohne Schokolade.)
26. Mai
Radieschensuppe
(Auch Radieschen gehören nicht auf meine Nahrungsmittel-Hitliste. Besonders skeptisch war ich, dass bei diesem Gericht auch die Blätter der Radieschen gekocht und püriert werden.)
28. Mai
Rindshuft mit Lauch und Shiitakepilzen
(Überall hets Pilzli dra - i hasse da, i hasse daaaa.)
Ja, wir waren fleissig - und nun zu meinen Lernfortschritten und den weiteren Förderzielen:
1. N. hat erkannt, dass Gurken (wider jeglicher Logik) gekocht mit Rahm und Bouillon gut schmecken können. Über ihren Schatten zu springen, das Gericht zu probieren und zugeben zu können, dass es ihr mundete, war für N. ein grosser Schritt. Das Ziel wäre, dass N. auch in Zukunft mit Gurken vermehrt positive Erfahrungen machen kann.
2. N. konnte die Kirschen in der Kirschencreme voll und ganz geniessen, obwohl diese nicht einmal püriert, sondern in ganzen Stücken mit Joghurt, Rahm und Zucker gemischt wurden. Obwohl sie keine zweite Portion wollte, konnte sie die Creme (trotz der Abwesenheit von Schokolade) als vollwertige Nachspeise anerkennen. In der Zukunft soll sich N. vermehrt von ihrer Fixierung auf Schokolade lösen und sich anderen Desserts gegenüber (besonders jenen, die Früchte enthalten) öffnen können.
3. N. hat die Radieschensuppe genossen. Sie hat weder gejammert, noch in sonst irgend einer Weise protestiert. Dieses Verhalten sollte unbedingt positiv bestärkt werden!
4. N. hat dieses Pilzgericht selbst gekocht, geplant und die Zutaten dafür eingekauft. Sie hielt sich überraschenderweise an die korrekten Mengenangaben von Pilzen und Fleisch. Auch während des Servieren schien sie in keinem Moment versucht, sich mehr Rindshuft als Pilze auf den Teller zu häufen. Sogar während des Essens ging sie nicht wie üblich vor - nämlich schnell sämtliche Pilze herunterzuschlingen, um dann in Ruhe das Fleisch essen zu können - nein, sie mischte alle Zutaten und merkte sogar an, man würde die Pilze gar nicht negativ schmecken. Es ist erfreulich, dass N. es geschafft hat, ihre Abneigungen auf solch reife und konstruktive Art anzugehen.
Tja, was soll man da noch sagen?
Lernziel erreicht.
Danke, Annemarie.
219 to go.
N.