Eines Tages jedoch - völlig unerwartet und ohne erkennbare Beweggründe - kam die böse Küchenfee und verzauberte die Frauen. Die eine sollte fortan nur noch Glück - die andere nur noch Pech in der Küche haben. Alles Flehen und Betteln war vergebens, die Küchenfee hatte gesprochen und verschwand mit einem bösen Lachen. An jenem Abend standen die beiden mit zittrigen Händen am Herd. Die Goldmarie übernahm die Erbsensuppe mit Wasabi-Schaum, die Pechmarie das Schweinsfilet mit glasiertem Pfeffer-Rhabarber. Gemeinsam wollten sie es übernehmen, die Zitronen-Kohlrabi zuzubereiten.
Anfangs sah es ganz so aus, als wäre der Fluch der Küchenfee nur ein böser Traum gewesen. Während die Suppe der Goldmarie so prächtig gedieh, dass sie sich schon um die Kohlrabi kümmern konnte, garte auch das Fleisch der Pechmarie im Ofen herrlich vor sich hin und der Zucker für dessen Sauce karamellisierte so perfekt, dass es eine reine Freude war, den beiden zuzusehen.
Doch dann schlug das Unheil zu. Die Frühlingszwiebeln fehlten! Voller Verzweiflung durchsuchte die Pechmarie den Kühlschrank, die Vorratskammer und den Keller, aber nirgends waren Frühlingszwiebeln zu finden. Traurig begnügte sie sich mit normalen Zwiebeln, den dunklen Schatten des Fluches im Nacken. Zaghaft mischte sie die Rhabarber der Sauce unter und ermahnte sich, gut aufzupassen, diese ja nicht zu lange zu garen, genau so, wie es im Rezept stand. Nun traf es sich, dass die Goldmarie just in diesem Moment Hilfe mit den Kohlrabi brauchen konnte. Die Pechmarie half mit der Zitrone, dem Noilly Prat und der Bouillon und als sie das nächste Mal in ihren Topf sah - wie weinte sie bittere Tränen! Statt ansehlichen Rhabarberstücken mit grünen Frühlingszwiebeln sah sie eine kaum definierbare, rote, matschige Masse, die traurig vor sich hin brodelte.
"Das kann passieren", wurde sie von der Goldmarie getröstet, "das war bloss ein Missgeschick, sieh doch, unser Essen schmeckt immer noch ganz vorzüglich." "Tatsächlich, es schmeckt wirklich hervorragend", schniefte die Pechmarie, "aber wenn ich jetzt gar nie mehr richtig kochen kann? Und immer blöde Fehler mache?" "Unsinn", antwortete Goldmarie, "du wirst sehen, morgen wird es sein als wäre nichts gewesen."
Aber auch am nächsten Tag hatte die Pechmarie kein Glück. Die Zucchetti-Tarte mit Tomaten-Vacherin war zwar so einfach zuzubereiten, dass sie anfangs dachte, dabei könne fast nichts schiefgehen. Doch dann verwechselte sie das Abtropfgewicht auf der Pelati-Dose mit dem eigentlichen Gewicht und mischte viel zu viel Tomaten unter den Käse und den Basilikum. Sie bemerkte ihren Fehler erst, als die Tarte, zugedeckt mit in Scheiben geschnittenen Zucchetti, auch nach 30 Minuten im Ofen immer noch matschig, feucht und wässrig war. Auch weitere 10 Minuten auf 200 Grad konnten ihren Fehler nicht mehr ausbessern und obwohl die Tarte immer noch sehr gut schmeckte, fühlte sich die Pechmarie, als wäre sie von allen guten Küchengeistern verlassen worden. Zaghaft schaute sie an jenem Abend hinauf in den Himmel, zählte die Sterne und hoffte auf eine Sternschnuppe, die sie von ihrem Unheil wieder befreien würde.
241 to go.
N.
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