Freitag, 28. Februar 2014

Tag 58 - Die kritischsten Gäste

Ein Menü wie das gestrige verführt dazu, Gäste einzuladen. 
Hohe Gäste. 
Kalbsfilet im Kräuterteig mit Champagnersauce.

Man kann es sich in Schnörkelschrift goldig auf der Speisekarte einer edlen Veranstaltung in einer alten Villa vorstellen. Man möchte sich bei der Zubereitung eine weisse Mütze aufsetzen, nur noch mit "maître" angesprochen werden und am liebsten einen Küchenjungen haben, dem man dann "Ahhh, wo bleiben nur die Krääääuteeer??" und "Das nennst du feiiin ge'aaackt, das ist une catastrophe!" zurufen kann (diese Sätze müsst ihr euch natürlich mit einem französischen Akzent vorstellen).

Wen könnte man zu diesem Gericht Treffenderen einladen als unsere Nachbarn und treuste Blog-Leser?

Nun, die Zubereitung des Rezepts hat auch ohne Küchenjunge und falsches Französisch sehr gut geklappt. Der Teig liess sich unkompliziert herstellen und sah mit den frischen Kräutern wirklich sehr einladend aus. Als das Filet dann darin eingewickelt und mit Eigelb bestrichen war, meinte A. nur: "Na, das ist ein Kalbsfilet, da kann ja jetzt wohl nichts mehr schiefgehen."




Und so war es auch. Das Menü kam bei unseren Gästen ganz hervorragend an. Es wurde geschlemmt, gelobt und genossen. Und wieder einmal mussten wir feststellen, dass wir selbst unsere kritischsten Gäste sind. Denn obwohl auch wir vom Rezept begeistert sind, war A. die Sauce etwas zu sauer und mir das Fleisch ein bisschen zu wenig zart. Wer ein wahrer Meister werden will, muss eben ganz genau hinschauen. 

Et voilà.
307 to go.
N.

Mittwoch, 26. Februar 2014

Tag 56 - Küchenmoral



Jetzt sind es schon beinahe zwei ganze Monate, seit wir unser Projekt begonnen haben und die Routine stellt sich langsam aber sich ein. Es ist gar nicht so schwer, jeden Tag etwas anderes zu kochen, oder eben zwei Rezepte, damit man auswärts oder bei Gästen essen kann. Es macht Spass und ist aufregend und wenn es manchmal auch etwas anstrengend ist, wir bereuen es nicht. 
So auch gestern Abend, als wir uns - zwar mit Appetit und Energie für einfache Pasta - das Rezept Flunderröllchen mit Speck und Peperoni vornahmen. Statt Flunder kauften wir einen anderen Fisch, da es ersteren nicht frisch zu kaufen gab und uns letzterer vom Metzger als ähnlich angepriesen wurde. Da wir beide keine sonderlichen Fischfans sind (ausser in Sushi) und wir auch keine Ode auf Peperonis schreiben würden, schien das Rezept unter einem schlechten Stern zu stehen. Aber so schön ist unser Projekt: Es kam alles ganz anders! Es schmeckte uns! Trotz Fisch, trotz Peperoni und trotz Senfsauce. Es schmeckte sogar so gut, dass wir bereuten, nur zwei Filets gekauft zu haben. So ist das mit unserem Projekt: Wir kochen, was auf dem Plan steht und kochen, was wir sonst nie kochen würden. Und räumen nicht zuletzt Vorurteile aus dem Weg, die wir schon lange in uns tragen. Darum: Ein Hoch auf unser Projekt! Denn mit Vorurteilen aufzuräumen, sollte auf jedem Gebiet etwas Anstrebenswertes sein (und ist nicht immer so einfach, wie beim Essen) :)  

308 to go. A. 

Montag, 24. Februar 2014

Tag 55 - Sichere Werte und süsse Differenzen

Es gibt Dinge im Leben, auf die man sich verlassen kann. Die Steuern. Gleichungen. (Aber das habe ich ja bereits erwähnt). Die Jahreszeiten. (So würde man zumindest meinen). Oder gefüllte panierte Pouletbrüstchen auf Spinat.

Man hört es doch schon. Man sieht es auf den ersten Blick! Bei diesem Rezept kann einfach nichts schiefgehen. Eine Masse aus Parmesan, Philadelphia, getrockneten Tomaten und Kräutern wird in ein Pouletbrüstchen gefüllt, dieses wird paniert, gebraten und auf frisch zubereitetem Spinat serviert. Einfach herrlich! Ein Rezept, einfach und doch raffiniert, das hält, was es verspricht. 



Nun - auf das zweite Rezept trifft leider genau das Gegenteil zu. Man hört es doch schon. Man sieht es auf den ersten Blick: Calvadosäpfel mit Beerenrahm. 
Um es vorwegzunehmen - der Beerenrahm schmeckt absolut spitze, ist einfach zuzubereiten und macht Lust auf mehr. Die Äpfel hingegen… ich weiss schon bei der Zubereitung, dass dieses Rezept nicht auf meiner Hitliste landen wird. Wer kommt denn schon auf die Idee (Entschuldigung, Annemarie) einen Apfel auszuhöhlen, ihn mit Marzipan und in Alkohol eingelegten Rosinen zu füllen um ihn dann noch in den Ofen zu schieben, wenn er ein einfaches Schoggimousse, eine Schoggicrème, ein Schoggiglacé, einen Schoggikuchen (ihr habt gemerkt worauf ich hinaus will?) zubereiten kann? Wieso sollte ich den Wunsch verspüren, einen halbpatzig mit Kalorien vollgestopften Apfel zu verspeisen, wenn ich ohne Aufwand und mit viel grösserer Befriedigung in ein Torino-Schoggistängeli beissen kann?



Nun, über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten, und was den Nachtisch angeht, so bin ich mit Annemarie wohl eifach nicht auf der gleichen Wellenlänge. Die gute Nachricht ist aber, dass sie noch gut 300 Tage Zeit hat, mich eines Besseren zu belehren.

Challenge accepted?
309 to go.
N.

Sonntag, 23. Februar 2014

Tag 54 - Saucisson-Pasteten-Experiment


Wenn ich das Wort Saucisson höre, denke ich ganz automatisch an die Bernerplatte meiner Grossmutter. Dazu gibt es immer eine Gerstensuppe zur Vorspeise und danach zum Hauptgang grüne Bohnen und eine Fleischplatte mit Schinkli, Würsten, Siedfleisch und Saucissons eben. Aber in ungekochtem Zustand habe ich diese Wurst noch nie gesehen und dass sie aus Waadt kommt, wusste ich auch nicht. Jetzt weiss ich beides. Und ich weiss auch, dass sich Saucissons kaum schälen lassen, auch wenn das in unserem Rezept stand. So schaben wir beide die Fleischmasse aus der Schale und sind für ein weiteres Mal sehr froh, dass Gäste das Produkt erst immer in ganz fertigem Zustand und nicht während des Kochprozesses sehen. Denn appetitlich sieht anders aus!!! Während unsere Finger voll Wurst strotzen (der Küchentisch ebenfalls) sinnieren wir, ob es wohl eine schlaue Idee war, drei Gäste zu unserer Saucissonpastete einzuladen: Wird sie auch schmecken? Müssen wir uns für das Endprodukt schämen? Denn für Gäste kochen wir wohlweislich nie etwas, das wir noch nie gekocht haben. Aber als die Pastete dann nach 50 Minuten duftend und dampfend aus dem Ofen kommt, sehen wir, dass zumindest optisch alles geklappt hat. Wie eine Blumenwiese sieht sie aus. Auch das auftischen klappt wunderbar - die Pastete lässt sich in Stücke schneiden UND ganz auf die Teller unserer Gäste legen. Ich denke, während ich auf die 10 cm übrig gebliebene Pastete schaue, dass unser Essen gut ankam. Auch wenn ich persönlich kein wahnsinniger Pastetenfan bin, hat es mir geschmeckt und das Experiment Gäste hat erneut gut geklappt. Kochen für Gäste macht Spass! Auch wenn man nicht weiss, wie es herauskommt…

311 to go. A.

Samstag, 22. Februar 2014

Tag 53 - Gelberbsen-Odyssee und Suppe

Ich sage meinen Schülern oft, dass sie das Lösen von Gleichungen geniessen sollen, statt zu jammern. Ein Problem, ein Verfahren, das eigentlich immer gleich bleibt, ein Ergebnis, das sich durch Einsetzen kontrollieren und somit zum Schluss mit absoluter Sicherheit doppelt unterstreichen lässt. Wäre doch alles im Leben so einfach. 

Mit guten Rezepten sollte es sich meiner Meinung nach genau so verhalten: Feine, frische Zutaten, eine Anleitung, die sich genau so verfolgen lässt und ein Ergebnis, das probiert und überprüft werden kann.
Nun, das heutige Rezept "Mediterrane Gelberbsen mit Würstchen" ist zweifellos ein tolles Rezept. Chili, Thymian und crème fraîche werden eingekocht zu einer feinen, leicht pikanten Masse, die Erbsen bleiben leicht mehlig und erinnern an Ferien. Die Zubereitung ist einfach und das Resultat befriedigend. Nur fehlt dem Rezept etwas Winziges. Eine kleine Warnung, die erklärt, dass es fast unmöglich ist, Gelberbsen zu kaufen. Ratlose Migrosverkäufer, auf frühere Sortimente und grössere Filialen verweisende Coop-Angestellte. Bedauernde Marinello-Mitarbeiter, leere Gestelle in der Delicatessa im Globus. Nach einer Odyssee quer durch die Lebensmittelgeschäfte der Stadt Zürich stranden wir in der Gourmet Factory von Jelmoli. Gelberbsen! Wir küssen den Boden und preisen den Herrn. Liebe Annemarie, das nächsten Mal würden wir einen kleinen Hinweis auf solche Schwierigkeiten oder wenigstens eine Ausweichmöglichkeit sehr zu schätzen wissen. Gelohnt hat sich der Aufwand aber. Das Gericht ist einfach wunderbar.




Was sich von der Sellerie-Limetten-Suppe nicht unbedingt behaupten lässt. Knollensellerie, Kartoffeln und Limetten bilden die Grundlage dieser Vorspeise, die anschliessend mit Bündnerfleisch garniert wird. Nun, wie sich A. nach dem ersten Bissen etwas frustriert ausdrückte (sie hatte dieses Rezept zubereitet, da die Suche nach den Gelberbsen so viel Zeit in Anspruch genommen hatte, dass Arbeitsteilung nötig wurde): As isch halt … eifach a Suppa.
Sehr säuerlich, geschmacklich nicht umwerfend, farblich nicht faszinierend - kein Highlight. Da tut es uns um das gute Bündnerfleisch, das nun hilflos im Gemüsebrei schwimmt, fast etwas Leid. Obwohl alle Schritte richtig eingehalten wurden und das Ergebnis so definitiv stimmt, bleibt es unbefriedigend. 
Seht ihr? Bei einer Gleichung wäre das nicht passiert.

312 to go.
N.

Freitag, 21. Februar 2014

Tag 52 - Besuch in Entenhausen


Den heutigen Tag möchte ich in Ehren halten, als den Tag, an dem ich zum ersten Mal Ente zubereitete. 
Natürlich habe ich beim Asiaten schon einige Male wagemutig Ente bestellt und gemerkt, dass die Bewohner des Zürichsees gar nicht so schlecht schmecken. Nur die fettige Hautschicht (die im See wohl die Kälte und Nässe des Wassers abhaltet) finde ich abstossend. Ich weiss nicht, ob gerade diese Schicht die Delikatesse der Ente ist, oder ob man sie, wie ich es immer tu, abschneidet (und danach unter dem Salatbouquet oder der ungeniess- aber essbaren Orchidee versteckt).
Bei unserer Entenbrust hängt natürlich auch eine dicke Haut- oder Fettschicht dran. Während wir den Verwandten von Donald, Daisy oder Dagobert Duck mit Pfeffer, Chili und Thymian einreiben, brutzelt unser Rotkohl in einem Sud aus Wein, Essig und karamellisiertem Zucker. Die Entenbrust wird dann ebenfalls angebraten und so essen wir heute Abend ein richtig feierliches Menü: Die allererste  selbstgekochte Entenbrust unseres Lebens. So stossen wir an auf das Ende der Woche und auf unseren Kurztrip nach Entenhausen. Die Ente selbst ist, auch noch so enthusiastisch gesehen, leider etwas zäh. Auch hier keine Ahnung, ob das immer so ist, oder ob wir es schlicht weg beim nächsten Mal besser machen können. Daraufhin sagt N., dass Ente bestimmt immer so schmecke, wenn Ente nämlich besser wäre, dann würden wir statt Poulet immer Ente essen und Mc Donalds würde Ducknuggets und McDuck verkaufen… So tappen wir beide im Dunkeln, was Ente angeht…aber ein denkwürdiges Ereignis war es trotzdem.

314 to go. A.


Donnerstag, 20. Februar 2014

Tag 51 - Die Sauce aller Saucen

Auf meinen 24. Geburtstag habe ich von meiner Mutter "Fleisch sanft garen bei Niedertemperatur" geschenkt bekommen. (Ich brauche wohl kaum zu erwähnen, wie die Verfasserin dieses Werkes heisst?) Mama hat kleine Küchentipps hineingeschrieben und ihre Lieblingsrezepte markiert, und natürlich haben wir uns sofort ans Werk gemacht und ihre Favoriten nachgekocht. Sehr weit sind wir aber damit nicht gekommen. Und der Grund dafür steht auf Seite 79: Kalbsnuss an Portweinrahm mit getrockneten Tomaten.

Wer einmal diese Sauce gekostet hat, will nie, niemals mehr etwas von einer anderen Sauce wissen.(Meine Mutter schreibt daneben: DER HIT! Passt zu jedem Fleisch! - Und Recht hat sie.) 
In dieser Sauce möchte man baden. Diese Sauce möchte man zum Bundesratspräsidenten wählen. Diese Sauce möchte man heiraten, man möchte mit ihr Kinder bekommen und alt werden. Kurz: Diese Sauce kann Leben verändern.

Als nun heute Portwein-Makkaroni mit Gemüse auf dem Programm standen und wir die Zutatenliste etwas genauer studierten, schlugen unsere Herzen höher: Dörrtomaten. Portwein. Rahm. Bis jetzt hatte die Kombination dieser Zutaten in Annemaries Rezepten zu jenseitsähnlichen Erfahrungen geführt - wir waren nicht mehr zu bremsen. Wir schnippelten Karotten, Peterli, Rohschinken, Zwiebeln Steinpilze und Dörrtomaten in kleine Würfelchen, löschten sie mit Portwein ab, stellten unsere Sauce fertigen und hüpften voll jugendlichen Leichtsinns in der Küche herum. 




Und ihr ahnt es schon. Die Königin aller Saucen war - und bleibt auch weiterhin - unantastbar. Unvergleichlich. Nicht zu übertreffen. Geschmeckt hat's trotzdem. Und auch wenn wir diese Sauce nicht heiraten würden - so als One-Night-Stand hat es durchaus Spass gemacht. 

315 to go - morgen holen wir auf.
N.

Dienstag, 18. Februar 2014

Tag 49 - Cappuccino zum Löffeln


Über den heutigen Schokoladen-Cappuccino lässt sich nicht viel sagen: die Schokoladen-Esspresso Masse ist luftig mit perfekt schaumiger Konsistenz und schmeckt nach Kaffee und Schokolade. Für Liebhaber beider dieser Zutaten ist dieses Rezept genau richtig. Für Menschen mit Abneigung gegen eine oder beide der Zutaten ist der luftige Mousse nichts. Ein sehr einfaches Rezept, aber mir hat es geschmeckt!

316 to go. A.

Montag, 17. Februar 2014

Tag 48 - An Tagen, wie diesem



Kennt ihr das? Nach einem Arbeitstag, einer Sitzung und einer kurzen Fahrt im überfüllten Bus steht man am Bahnhof und sieht beunruhigende gelbe Ziffern hinter der eigentlichen Abfahrtszeit. Oh-Oh. Sieben Züge auf der Tafel haben Verspätung. Und obwohl noch nichts hinter dem eigenen Zug steht, geht man mit einem etwas unguten Gefühl Richtung Perron, schnappt sich einen Blick am Abend, sieht ihn in 20 Sekunden durch, starrt auf die Bahnhofsuhr. Der Zeiger kommt der Abfahrtminute näher, rückt darüber hinaus, 1 Minute, 2 Minuten, 3 Minuten. Grrrrr. 

5 Minuten zu spät schlängelt sich die S-Bahn in den Bahnhof, ich habe irgendwie nie aufgehört, dabei an eine Raupe zu denken, die Menschenmasse schiebt sich (schon leicht genervt) durch die Türen und versucht, noch einen freien Platz zu ergattern. Ich setze mich in ein Viererabteil. Der Zug fährt an, nur um nach einem Bruchteil der eigentlichen Strecke irgendwo im nirgendwo stehen zu bleiben. Scheiss-SBB, fluche ich innerlich, blättere in meinem Buch, lese ein paar Seiten, wir stehen immer noch. Nach einer gefühlten Ewigkeit geht es gefühlte 2 Meter weiter. Erneute Verschnaufpause. Ich widerstehe der Versuchung, mit den Fingern auf das Tischen zu trommeln. Oder mit der Zunge zu schnalzen. Dann die Durchsage: Personenunfall. Nun fühle ich mich schuldig, so genervt gewesen zu sein, beruhige mich ganz beschämt, greife wieder nach meinem Buch, lenke mich ab, harre geduldig einen weiteren Stopp aus und komme doch noch zu Hause an.

Warum ich euch das alles erzähle? Weil das so ungefähr mein Beitrag zum heutigen Menü war. Ich durfte nach Hause kommen und mich, ohne einen Finger gerührt zu haben, an den gedeckten Tisch setzen und einen knackigen, ganz fein geschnittenen, asiatischen Kabissalat (der mir ohne Peperoni zwar besser geschmeckt hätte (sonst kann ich leider nicht genau sagen, was drin war, schliesslich habe ich ja nicht gekocht)) futtern. Sollte ich je zum Macho werden, schiebe ich der SBB die Schuld in die Schuhe.

317 to go.
N.

Freitag, 14. Februar 2014

Tag 45 - Die Triade






Heute trafen sich auf unserem Teller drei Fremde:

Der eine war von harter Natur und trug eine stinkende Montur.  
Der zweite ganz bitter gar, schimpfte und zeterte immerdar.
Der dritte war saurem Gemüt, stets traurig und betrübt. 

Diese Triade füllte unseren Teller 
Und machte meine Miene nicht heller. 
Denn wer mag es schon, 
wenn sauer, bitter und hart ein Schwätzchen halten,
und in gar üblem Ton
einem das Nachtessen verunstalten? 

Wer sind sie denn, die drei Fremden?
Im Ofen gebackene Karotten
hart und knobläuchlich trotten
Stück um Stück daneben 
überbackener-bitterer Chicorée mit Gemüse eben
und ganz zum Ende
das Lammcurry gibt dem Gericht noch ne Wende,
zwar säuerlich doch trotzdem ganz gut,
schenkt's uns heute zum Glück etwas Mut. 


318 to go. A.


Mittwoch, 12. Februar 2014

Tag 43 - Nachtessen mit der Familie

Es gibt Dinge, die sich nie ändern. Welten, die, egal wie weit man sich von ihnen entfernt, immer gleich vertraut bleiben. Orte, die einfach auf einen warten, einen mit Wärme empfangen, ruhig und sicher, als würde alles Geschehen rundherum etwas weniger wichtig werden. 

Die gleichen Berge, das gleiche kleine Dorf, das niemand kennt, die gleiche Strasse, eine Sackgasse, auf der sich gerade darum so wunderbar spielen liess, das gleiche Haus, der gleiche Holztisch, zwei Stühle und eine Bank, die gleichen Menschen und die Gewissheit, dass man, unabhängig davon, wohin man geht, immer weiss, wo man herkommt.

Während meiner ganzen Kindheit war das gemeinsame Essen ein zentraler Punkt im Tagesablauf. Oft sassen wir, lange nachdem unsere Teller leer waren, immer noch um den runden Tisch in der Küche, diskutierten, lachten und erzählten von unseren Erlebnissen. So ist es heute noch. Die gemeinsamen Essen sind seltener, darum aber umso lebendiger, umso länger, umso reicher an Worten. Es kommt sogar vor, dass wir eine Reihenfolge abmachen müssen, in welcher jeder dann seine Geschichten erzählen darf. Oder dass unsere jüngste Schwester dazu angehalten wird, "endlich mal auf den Punkt zu kommen", weil weitere Erlebnisse darauf warten, berichtet zu werden. 

Ein umso besseres Zeichen ist es also, wenn die ganze Gesellschaft schweigend am Tisch sitzt, dass Essen geniesst und alle Erzählungen auf später verschiebt. Das war heute der Fall. Für meine Familie haben wir "Schweinsbraten mit würziger Kruste" gekocht, ein Braten, der mit Kartoffeln, Frühlingszwiebeln und einer Mascarpone-Crème-Fraîche-Mischung während etwa 1,5 Stunden im Ofen gebraten wird. Wie gesagt: Die Stille sprach für sich: Fleisch, Sauce und Kartoffeln fanden grossen Anklang und bis auf den letzten Bissen wurde alles aufgegessen. Ein perfekter Hauptgang für ein gemütliches Miteinander.


Da auch ein Dessert natürlich nicht fehlen durfte, haben wir das Orangen-Tiramisù von übermorgen vorgezogen. Mich konnten die feuchten Biskuits und die nur leicht nach Orange duftende Crème überzeugen, verschiedene Einwände gab es bezüglich Menge der Biskuits, Menge der Crème, Intensität des Orangengeschmacks und Süsse des Tiramisù. Eine Diskussion von vielen, an diesem, kulinarisch doch sehr gelungenen Abend. Der einzige, der an unserem Dessert gar nichts auszusetzen hatte, war mein Vater. Er durfte deshalb dann auch die Schüssel mit dem Löffel ausputzen.


321 to go.
N.

Tag 42 - Das Aschenputtel der Gemüse und der wahre König

Gestern hatte meine liebe Schwester das Pech, über Mittag bei uns zu sein und kam daher in den Genuss des einmalig ungeniessbaren Randenrisottos mit Meerrettichschaum. Die Rande sei das Aschenputtel unter den Gemüsen, steht in unserem Buch. Unscheinbar und unbeachtet. Wie bei Aschenputtel, verhält es sich mit unserer Rande: Unter der erdig braunen Schale kommt das saftig pink-violette Innere hervor. Doch da sind die Parallelen zwischen Märchen und Randen auch schon alle erschöpft. Denn die Rande schmeckt ganz und gar nicht märchenhaft, auch nicht verarbeitet im Risotto. Da man sie im Rezept roh zu verarbeiten braucht, bleibt sie im Risotto viel zu knackig und dadurch wird das Essen ein Kaumarathon - Schwerstarbeit - ganz ungewöhnlich für den sonst so weichen Risotto. Der frischgeraffelte Meerrettich (auch hier ein "first": Meerrettich als Wurzel zu kaufen, was sich als gar nicht so einfach herausstellte) hat dafür einen sehr erfrischenden Geschmack, auch wenn Meerrettich sonst gar nicht meine Lieblingsspeise ist, gefiel mir die unscheinbare Wurzel (auch ein Aschenputtel?) überraschenderweise wirklich gut. Ansonsten vermag die Rande auch in diesem Rezept als Aschenputtel in der Hauptrolle nicht zu überzeugen. Dafür können wir den wahren König des gestrigen Tages küren: Das überbackene Hohrückensteak. Da stellte sich uns zu aller erst die Frage, was denn ein Hohrückensteak überhaupt ist? Zum Glück konnte die Fleischtheke von Coop uns dazu Auskunft geben: Hohrücken ist ein Stück Rindfleisch und auch wenn wir noch nie davon gehört haben, kann man es bei Coop kaufen. Die Kruste aus Oliven, Dörrtomaten und Kräutern schmeckte wirklich sehr gut. Daher konnte das Steak unsere Herzen gewinnen und der Tag war doch noch gerettet. 

323 to go. A.




Sonntag, 9. Februar 2014

Tag 40 - Küchenpolitik


Das heutige Rezept - Avocado mit Mango und gebratenem Lachs - lässt mich (obwohl dies meinen Prinzipien, nicht über Politik zu debattieren, widerspricht) drei Fragen in den Raum werfen:

Essen wir - weil wir in jedem gewöhnlichen, Schweizerischen Lebensmittelgeschäft Mangos, Avocados, Bananen, Kiwi und Ananas kaufen können - deshalb keine Äpfel, Karotten und Kartoffeln mehr? 

Bedeutet die Existenz von Sushi-Lokalen in der Schweiz der Untergang aller Rösti und jedes Fondues?

Wird ein gutes Schweizer Raclette aussterben, bloss weil wir die Möglichkeit haben, eine Italienische Pizza zu geniessen?

Wohl kaum. Die kulinarische Vielfalt, welche die Globalisierung mit sich brachte, hat uns in keiner Weise ärmer gemacht. Sie hat uns bereichert, uns neue Welten gezeigt, Abwechslung gebracht, uns über den Tellerrand blicken und Neues entdecken lassen. 

Und das, obwohl, hätten wir von 60 Jahren darüber abstimmen können, vielleicht 50,3% der Bevölkerung geschrien hätte: Um Himmels Willen! Wollt ihr mit diesen gemeingefährlichen Mangos unsere gesamte Kultur zerstören? 

So ist der heutige Genuss dieses wirklich traumhaften Rezepts, bei dem Mango und Avocado, Limetten und Chili mit Lachs für eine geschmackliche Erleuchtung sorgen, etwas getrübt von der traurigen Tatsache, dass wir immer noch zwischen Menschen und Menschen unterscheiden und Grenzen ziehen, in einer Welt, die uns eigentlich gar nicht gehört. 

325 to go.
N.






Samstag, 8. Februar 2014

Tag 39 - Sendepause

Wir melden uns zurück! Nach einer Sendepause von gefühlten zwei Wochen (tatsächlich waren es nur zwei Tage) erstatten wir wieder von der Küchenprojektfront Bericht. Wer gedacht hat, wir hätten schon aufgegeben, hat falsch gedacht. Wir sind immer noch dabei und motivierter denn je.
Heute gab es Reis-Poulet-Gratin mit Lauch. Was optisch (siehe Foto) nicht gerade nach Haute Cuisine aussieht, schmeckte aber unglaublich gut. Obwohl wir für das Gericht so ziemlich alle unsere Pfannen brauchten, handelt es sich bei diesem Gratin eigentlich um eine sehr einfache Sache: Reis und Poulet mit Lauch an einer Art Béchamelsauce überbacken mit Mozzarella. Njam… das kann ja nur hervorragen werden! So spachteln wir die köstlich dampfende, eintopfartige Masse bis zum letzten Reiskorn auf. Für einmal keine Reste, das freut uns, denn unser Kühlschrank hat kaum mehr Kapazität für weitere Tupperware. Denn seit unserem Projekt ist unser sowieso schon winziger Kühlschrank immer zum Bersten voll. Besucher tendieren dazu, statt unseres Kühlschrankes, enthusiastisch die Tür des Putzschrankes zu öffnen, wenn sie nach der Milch suchen. Dieser hat tatsächlich beinahe die Grösse eines Kühlschranks - unser richtige Kühlschrank hingegen ist nur halb so gross. Seit wir aber schon Anfang Woche gezwungenermassen wissen, was es jeden Tag zu essen geben wird, lohnt es sich, auch mal für mehr als nur eine Mahlzeit einzukaufen, daher ist der Kühlschrank immer voll. Und daher sind wir jeden Tag froh, wenn das Essen so gut schmeckt, dass wir alles aufessen, keine Reste übrig bleiben und ergo kein weiteres Tupperware kostbare Quadratzentimeter unseres Kühlschranks verstopfen. 



326 to go. A.

Donnerstag, 6. Februar 2014

Tag 36 - Himmel und Erde

Kennt ihr das?
Wenn sich etwas zu Essen anfühlt wie der Himmel auf Erden?

Mir geht es zum Beispiel mit den selbst gemachten Capuns meiner Mutter so. Ein Bissen - und ich frage mich, wie es möglich ist, etwas zu kochen, dass so gut schmecken kann.
Oder mit der Mövenpick-Straciatella-Glace. Ich esse einen Löffel (und meistens benutze ich - und das gebe ich zu, ohne mich zu schämen - den grossen Suppenlöffel) und plötzlich bin ich mir nicht mehr so sicher, ob es nicht doch einen Gott geben könnte. Halleluja.

Nun, das Gericht von gestern hiess Himmel und Erde. Nicht Himmel auf Erden.
Da muss man genau lesen. Denn Himmel und Erde hat mit singenden Engeln und Halleluja wenig zu tun. Es ist eigentlich Bratwurst und geröstete Zwiebeln auf Kartoffelstock.

Durchaus sehr fein, darüber lässt sich nicht streiten. Der selbst gemachte Kartoffelstock bekommt durch einen mitgekochten Apfel ein gutes Aroma und ist luftig, die Bratwurst biologisch und die Zwiebeln knackig und würzig.



Aber das Paradies - das stelle ich mir dann doch ein bisschen anders vor.

327 to go.
N.

Dienstag, 4. Februar 2014

Tag 35 - Durchschnittlich, aber gut

Liebe Leser (die wenigen, aber sehr geschätzten)

So wie das Essen in den Tellern manchmal fad ist, so wie man manchmal absolut keine Ahnung hat, was man kochen möchte, so wie man manchmal absolut keine Lust zu kochen hat, so geht es mir heute im Bezug auf diesen Post. Ich habe nur fade Ideen, überhaupt keine Ahnung was schreiben und zu alledem auch keine Lust überhaupt etwas zu schreiben. Gute Voraussetzungen, ich weiss. Aber ich probier es nun trotzdem:

Heute gab es Kartoffelküchlein mit Beinschinken - erinnert an Grossmutters Resteverwertungsküche - schmeckte wirklich gut, ein perfektes Gericht für den Alltag, aber keines für Gäste. Denn das Endprodukt auf dem Teller sieht nicht sehr kulinarisch bewundernswert aus.

Ähnliches mit Rezept Nummer 2 (wir müssen diese Woche etwas vorarbeiten): Mandelcake mit Dörraprikosen. Das beste Wort, um diesen Kuchen zu beschreiben, ist das Wort CAKE. Was soviel wie "trockener, süsslich schmeckender Kuchen" bedeutet. Das Beste an jedem Cake ist sowieso die Glasur mit der dünnen Krustenschicht. Den Rest könnte man meiner Meinung nach auch weglassen. Aber natürlich essen wir die ganze Kuchenscheibe und wie immer ist der "trockene, süsslich schmeckende Kuchen" durchschnittlich gut. Wie alle Cakes (meiner Meinung nach).

Ja so kann man den heutigen Tag mit "durchschnittlich, aber gut" zusammenfassen. Und daher sind wir auch zufrieden. Und wenn wir das nächste Mal zu viele Kartoffeln übrig haben, dann wissen wir ja, was tun.

328 to go. A.



Montag, 3. Februar 2014

Tag 34 - Basler Mehlsuppe und ein Déjà-Vu

Heute begeben wir uns auf eine kulinarische Schweizerreise - und zwar nach Basel, wo immer zur Fasnachtszeit eine Mehlsuppe mit Croutons, gerösteten Zwiebeln und Parmesan gegessen wird. Und obwohl die Fasnacht in Basel ja noch fast 4 Wochen auf sich warten lässt, geniessen wir dieses Gericht schon heute. Das heisst - ich geniesse das Gericht schon heute. Während A. die Nase rümpft und nur meint: "Das hani jetzt nit so gära", kann ich mir genau vorstellen, wie man sich nach dem Morgenstreich, mit kalten Händen und müden Augen, in einer süssen Altstadtgasse an einem Teller dieser würzigen Suppe aufwärmt. 




Damit aber noch nicht genug. Für ein Rezept reicht es heute noch. Oder, wie Breitbild so schön singen: "Für ais häts immer no glangt". An eine Zeile dieses Liedes muss ich heute besonders denken - "Für as Wart-i-main-i-kenn-di-doch…" - denn heute haben wir ein Rezepte Déjà-Vu. Auch wenn unser Gericht heute schmort, das Schweinefleisch nicht vom Filet ist und sich statt des Specks ein paar Dörrtomaten in die Sauce gesellen, so erinnert es stark an das Stroganoff von Tag 13. Die Zutaten zumindest sind fast die Gleichen: Schweinefleisch, Steinpilze, Zwiebeln, Knoblauch, Tomatenpüree und Wein. Gespannt also - und immer noch ohne Schmortopf - machen wir uns ans Werk. Und wir können festhalten: Das Schweinsragout mit Dörrtomaten und Steinpilzen haut das 13.-Januar-Stroganoff in die Pfanne! Es schmeckt intensiver, geschmeidiger… besser! (Und sogar die Farbe stimmt eher mit Annemaries Vorgabe überein). Wir können es nur empfehlen.



330 to go.
N.

Sonntag, 2. Februar 2014

Tag 33 - Friede, Freude, Rührei

Heute beginnen wir unseren friedlichen Sonntag mit Regen und unserem Projekt: Schon zum Frühstück steht Rührei à la Annemarie auf dem Programm. Dazu brauchen wir vor allem Eier, Schinken und Tomaten, alles andere ist keine Hexerei. Unsere Küche duftet nach geröstetem Brot und gebratenen Zwiebeln. Ein perfekter Sonntag also. 
Nun aber zur Bewertung:

Das Rezept: Rührei.
Die Erwartungen: Rührei.
Das Ergebnis: Rührei.

Was kann man dabei schon falsch machen? Nix. So anspruchslos und einfach wie es auch ist, zum Frühstück schmeckt es natürlich lecker. Aber eben…Rührei ist und bleibt gewöhnliches Rührei, da kann auch Annemarie nichts daran ändern.


332 to go. A.

Samstag, 1. Februar 2014

Tag 32 - Das Estragon-Mysterium

Wir wissen nicht, wie Estragon schmeckt. Wir wissen es einfach nicht. Wir wissen nicht einmal, ob wir noch nie Estragon gegessen haben, oder ob wir den Geschmack einfach nie dem richtigen Kraut zugeordnet haben. Höchste Zeit also, das Rätsel um dieses "Drachenkraut", welches im heutigen Rezept als einziges Gewürz reichlich vorkommt (als einziges, weil es gerne andere Geschmäcke übertönt, sagt Annemarie), zu lüften.

Heute gibt es ein Essig-Huhn. Hochmotiviert kaufen wir Pouletschenkel (njam), Weisswein, Essig, Tomatenpüree und Doppelrahm (njaaaaaaaam) in der Migros ein. Nur vor dem Regal mit den Kräutern bleiben wir ratlos stehen: Majoran (auch keine Ahnung wie das schmeckt), Petersilie glatt und kraus, Schnittlauch, Rosmarin, Thymian, Basilikum, Salbei, Oregano… die Liste geht weiter und weiter. Aber kein Estragon.
Auch bei den Gewürzen haben wir kein Glück: Es schein jedes Kraut dieser Erde zu kaufen zu geben - jedes, ausser Estragon.

Ohne Estragon, aber nicht minder motiviert machen wir uns an die Arbeit. Wir lassen uns auch von der Tatsache, dass wir keinen Schmortopf besitzen, nicht aus der Bahn werfen: Nach dem Anbraten des Poulets und dem Ablöschen der Zwiebeln wechseln wir kurzerhand von der Bratpfanne in eine gewöhnliche Pfanne mit Deckel und schreiben den Schmortopf auf unsere Geburtstagswunschliste.(Habt ihr das alle gelesen? Ja?) Unser Poulet schmort eine knappe Stunde in der Sauce, welche dann zum Abschluss mit dem Stabmixer püriert und mit Doppelrahm verfeinert wird. 

Und nach zwei eher düsteren Tagen herrscht in unserer Küche wieder eine hervorragende Stimmung. Das Poulet schmeckt fein und die Sauce ist einfach köstlich! 



Nur das Estragon-Rätsel bleibt ungelöst. Aber wir haben ja noch über 300 Tage Zeit, es zu lüften.

333 to go.
N.