"Ich hätte gerne 300 Gramm vom Kalbsnierstück", lächle ich den Metzger in der Migros an. Er ist immer sehr freundlich, gut gelaunt und spart nicht mit guten Tipps (Zum Beispiel dass ich nicht zu oft Tatar essen sollte, da jedes Tier immer einen Wurm haben kann, und die Wahrscheinlichkeit beim Tatar dann halt gross ist, diesen auch zu bekommen - ähh - danke).
Eifrig schnappt er sich das Fleisch und hält das Messer prüfend darüber. Er schaut mich fragend an. "Was fragen Sie mich?", gibt ihm mein Blick zu verstehen, "Sie sind der Profi." Todesmutig und wild entschlossen schneidet er das Fleischstück entzwei. 350 Gramm.
"Das ist schon gut so", sage ich, erstens, weil ich als ehemalige Migros-Angestellte weiss, wie kleinliche Kunden auf die Moral schlagen können (Ich habe die falschen Bleistifte (1.50 Fr.) gekauft. Kann ich sie zurückgeben und mein Geld wiederbekommen?), zweitens, weil die 50 Gramm nun wirklich keinen Unterschied machen und ich nicht weiss, wo das Fleisch landet, wenn ich es jetzt nicht kaufe. "Sicher?", fragt mein Metzger entschuldigend, "Sicher", antworte ich, ganz die charmante Kundin.
Er packt daraufhin das Fleisch ein, reicht es mir über die Theke und meint: "Na, der Mann hat sicher auch nichts dagegen, wenns davon ein bisschen mehr gibt!"
Ich verabschiede mich mit einem Grinsen. Nein, der Mann hat sicher nichts dagegen. Für jemanden, der nicht existiert, wäre es ziemlich schwierig, etwas dagegen zu haben.
Da heute auf Niedertemperatur gekocht wird, tragen wir das Fleisch nach dem Anbraten einen Stock höher - unser alter Gasofen schafft einen Minimalwert von unkonstanten 130 - 160 Grad - zu unserer Nachbarin, wo er dann gemütlich zwei Stunden vor sich hin gart.
Und nein, wir haben nichts dagegen, dass "es davon ein bisschen mehr gibt". Die Senf-Knoblauch-Salbei-Marinade schmeckt… hmmmmm. einfach herrlich, die Champignon-Sauce und die feinen Nudeln dazu lassen mindestens an Weihnachten denken und das Fleisch ist so zart dass sich jede Minute des Wartens gelohnt hat. Ein Küchenfeiertag an einem gewöhnlichen Mittwoch - so lässt es sich leben.
343 to go.
N.
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